Bauvorhaben Hubertusallee 1 stoppen – Rathenauplatz neugestalten
Worum geht es?
Im Januar 2024 hat das Bezirksamt einen Aufstellungsbeschluss für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan 4-83 VE – Hubertusallee 1 gefasst. Dabei handelt es sich um das Grundstück der Esso-Tankstelle am Rathenauplatz Ecke Hubertusallee. Der Vorhabenträger Spree Group plant auf dem Grundstück der heutigen Esso-Tankstelle unter anderem ein 59m hohes Bürogebäude zu errichten. Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit läuft vom 12.02. – 12.03.2024. Der Entwurf des Bebauungsplans sowie die Präsentation des Vorhabenträgers liegen im Rathaus Charlottenburg aus und sind online einsehbar.
Pressemitteilung des Bezirksamts: https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/aktuelles/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1413241.php
Download Bebauungsplanentwurf und Präsentation des Vorhabenträgers: https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/verwaltung/aemter/stadtentwicklung/stadtplanung/bebauungsplanverfahren/beteiligung/bebauungsplan.1413289.php
Was ist die Vorgeschichte?
Die Pläne des Vorhabenträgers eines Hochausbaus auf dem Grundstück Hubertusallee 1 sind bereits seit letzter Wahlperiode bekannt. Das Bauprojekt beschäftigte die BVV und das Bezirksamt zuletzt intensiv im Frühjahr 2022. Die damalige BVV-Mehrheit aus Bündnis 90/Die Grünen und SPD lehnte das Bauvorhaben entschieden ab. In einer gemeinsamen Pressemitteilung und einem Schreiben an den Vorhabenträger Spree-Group nannten sie die Gründe:
- Ablehnung eines 59m Hochhauses an dieser Stelle und Präferenz für ein Gebäude mit maximal acht Stockwerken.
- Ablehnung eines Bauprojektes mit überwiegender Büronutzung. Präferenz für ein Bauprojekt mit hohem Anteil an bezahlbarem Wohnraum.
- Die Ablehnung des Vorhabenträgers bauliche Schallschutzmaßnahmen umzusetzen, um mehr Wohnungsbau zu ermöglichen, vor dem Hintergrund von Mehrkosten und geringerer Rendite.
- Keine überzeugenden Konzepte des Vorhabenträgers zu Klimaschutz und Klimaanpassung. Insbesondere zu Fassaden- und Dachbegrünung sowie Energie- und Wärmeversorgung.
- Mangel an Aufenthaltsqualität für die Öffentlichkeit. Sowohl das Gebäude selbst-, die umliegenden Freiflächen- und den Rathenauplatz betreffend.
Das Bezirksamt hatte nach dieser klaren Stellungnahme der BVV-Mehrheit das Bauvorhaben nicht weiterverfolgt.
Nach der Wiederholungswahl 2023 und des Wechsels der BVV-Mehrheit zu schwarz-grün sowie des zuständigen Bezirksstadtrats für Stadtentwicklung von SPD zu CDU, verständigten sich CDU und Bündnis 90/Die Grünen in ihrer Zählgemeinschaftsvereinbarung (S. 8) auf eine Wiederbelebung und Weiterführung des Bauprojekts in der Form des Vorhabenträgers Spree Group.
Warum die SPD-Fraktion Charlottenburg-Wilmersdorf das Bauvorhaben weiterhin ablehnt
- Ermöglichung eines reinen Spekulationsprojekts und Gefahr der nächsten Bauruine in unserem Bezirk. Aufgrund der Zinsentwicklung, der durch die Spekulation der letzten Jahre komplett überhitzten Grundstückspreise und der stark rückläufigen Nachfrage nach Büroflächen erleben wir seit Monaten eine Welle von Insolvenzen von Bauträgern und den dahinterstehenden Investorengruppen. Signa und Fürst sind nur die Spitze des Eisbergs. Vor diesem Hintergrund das nächste Bauprojekt eines Büroturms zu genehmigen, halten wir für absolut unverantwortlich. Der Bezirk läuft akut Gefahr die nächste Bauruine zu ermöglichen. Zumal die Absichten und Geschäftspraxis des Vorhabenträger Spree Group, eines Konzerns im Firmen-Netzwerk der Adler-Group, klar sind: Baurecht schaffen, damit der Grundstückswert massiv steigt, und möglichst schnell mit Profit an den nächsten Investor weiterverkaufen.
- Missachtung der städtebaulichen Entwicklungen rund um das Autobahndreieck Funkturm und den Stadteingang West. Der heutige Rathenauplatz ist in seiner städtebaulichen Beschaffenheit, Gestaltung und Straßenführung geprägt von der Autobahnauffahrt. Durch die Neugestaltung des Autobahndreiecks Funkturm und die Entwicklung des Stadteingang West, wird sich die komplette Umgebung in den kommenden Jahren jedoch drastisch verändern. Es ist denkbar, dass durch die neuen Verkehrsströme der Rathenauplatz viel weniger belastet wird. Dies bietet die Chance, den ganzen Platz neuzudenken, offener zu gestalten und auch Wohnen an dieser Stelle stärker zu ermöglichen. Stattdessen wird das jetzige Bauvorhaben anhand des Status Quo geplant. Das ist keine vorausschauende Stadtentwicklung. Der Rathenauplatz besitzt als Anfang des Ku’damms und Eingangs in die City-West eine hervorgehobene städtebauliche und stadtgesellschaftliche Relevanz. Dieser wird mit dem Bauvorhaben der Spree Group keinerlei Rechnung getragen.
- Kein Mehrwert für die Stadtgesellschaft. Wird das Bauvorhaben umgesetzt, entsteht kein bezahlbarer Wohnraum. Für die geplanten Büroflächen besteht nur eine geringe Nachfrage. Der Rathenauplatz wird in seiner heutigen Form bestehen bleiben und keine Aufenthaltsqualität aufweisen. Die umliegenden Wohngebäude werden durch das neue Hochhaus zusätzlich verschattet werden. Es wird ein erheblicher Mehrwert für den Grundstückseigentümer und Vorhabenträger geschaffen – aber keiner für den Bezirk und seine Bürger:innen.
Was die SPD-Fraktion Charlottenburg-Wilmersdorf stattdessen fordert
Wir fordern eine komplette städtebauliche Neuordnung des Rathenauplatzes hin zu einem offenen Stadtplatz mit echter Aufenthaltsqualität und den Stopp des Bauvorhabens Hubertusallee 1Die Straßenführung ist ein Relikt der autogerechten Stadt des 20. Jahrhunderts. Sie muss so verändert werden, dass wieder Flächen für einen echten Stadtplatz entstehen. Auch in Reaktion auf den Umbau des Autobahndreiecks Funkturm und der Autobahnauffahrt. Der Rathenauplatz und der Autobahnumbau müssen zusammengedacht werden. Auf dem heutigen Grundstück der Esso-Tankstelle soll ein Gebäude entstehen, dass sich in diesen Stadtplatz einfügt und eine Mischung aus kieznahem Gewerbe in den Erdgeschossflächen und Wohnen mit hohem Anteil an bezahlbarem Wohnraum darüber aufweist. Vorbild für das Zusammenspiel zwischen Straßenführung, Stadtplatz und Bebauung kann die Gestaltung des Rathenauplatzes vor dem 2. Weltkrieg sein. Dazu braucht es eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit, der Anwohner:innen und der Stadtgesellschaft. Dieser Ort ist zu wichtig, um seine Gestaltung mittels eines Investoren-Schnellschusses auf Jahrzehnte zu verbauen.